Angriff auf den Generationenvertrag
Die 1948 eingeführte und heute 60 Jahre alte AHV besiegelte damals den Generationenvertrag zwischen jung und alt. Zuvor bedeutete Alter unweigerlich Abstieg in die Armut. Kaum haben die Pensionierten erstmals ein Leben lang einbezahlt, schon soll mit Korrekturen an der AHV-Rente herumgedoktert werden. Ähnlich wie bei der 5. IV-Revision 2007, wo man einfach die Ehepaarrente gestrichen und menschenunwürdige Zustände installiert hat, sollen nun die Renten beschnitten oder, kaum als AHV-Pensionär oben angekommen, wieder nach unten verlagert werden. Auch hier will man wieder einmal mehr (es wird vermehrt zur Gewohnheit) die Bürgerrechte beschneiden und erstmals wird offen in einer Art völlig verqueren Ping-Pong-Politik darüber nachgedacht, aus der Alters- und Hinterlassenen-Versicherung (AHV) eine Jugend- und Konsumversicherung (JKV) zu basteln.
Historie
Schauen wir zurück: In den 1880er Jahren kamen erste Forderungen für eine Altersversicherung auf, ausgelöst durch die Armut der Fabrikarbeiter. In den 1930ern wurden die Bestrebungen vom Volk abgelehnt. Der Bund überwies in der Folge einen kleinen Beitrag an die Vorläuferorganisation der, 1917 in Winterthur gegründeten Stiftung Pro Senectute, welche alte Bedürftige unterstützt. Die heutige AHV entstand aus der Lohn- und Verdienstausgleichkasse für Wehrmänner, welche in den Aktivdienstzeiten des 2. Weltkrieges neu konzipiert wurde. Am 6. Juli 1947 wurde in einer Volksabstimmung die AHV nach ähnlichem Konzept angenommen. Am 1. Oktober 1948 konnte dann die AHV eingeführt werden. Um die AHV den Bedürfnissen der Zeit und der geänderten Demographie anzupassen, wurden bisher insgesamt 10 Revisionen vorgenommen. Die 11. Revision wurde am 16. Mai 2004 dem Volk zur Abstimmung vorgelegt und von diesem verworfen. Es sollten hauptsächlich 800 Mio. Franken auf Kosten der Frauen eingespart werden, wovon ausschließlich die Wirtschaft profitiert hätte. (Quelle: Wikipedia)
Studie oder weiterer Manipulationsversuch?
Bereits 2003 verkündete die Mutter der exorbitanten Krankenkassenprämien, Frau Bunderat Ruth Dreyfuss, die AHV pfeife aus dem letzten Loch. Auf wessen Geheiß, weiß niemand. Letzten Monat nun veröffentlichte die Universität Genf eine Studie, gemäß der nur noch wenige Rentner von Armut betroffen seien und es gar Personen zwischen 55 und 75 Jahren im Vergleich mit dem Rest der Bevölkerung besser ginge, sie also wirtschaftlich am besten daständen. Dazu komme, daß sich auch das Vermögen logischerweise vor allem bei der älteren Generation befinde. Es setze sich im Durchschnitt zur Hälfte aus Immobilien und zur anderen Hälfte aus Wertschriften und Anlagen zusammen. Laut der Studie verfügt jedes fünfte Rentnerpaar sogar über ein Bruttovermögen von über einer Million Franken. Nur gerade sechs Prozent seien von Armut betroffen.
Hierzu sagt die, für ganz Europa geltende, untenstehende Grafik von Förster D’Ercole (2005) was anderes. Er kommt auf 11.2 Prozent von der Armut Betroffenen 65+ in der Schweiz. Dies im krassen Gegensatz bei der Altersgruppe 18 bis 64 Jahre, wo es gerade mal 5.8 Prozent sind. (Zum Vergrößern, bitte Bild anklicken)
Das erstaunte mich sehr und ich wollte es genauer wissen, denn ein Bruttovermögen von 1. Mio. für nur (!) 20 Prozent der Rentner-Ehepaare dieser Altersgruppe ist heute nicht mehr viel, um im Alter über die Runden zu kommen, schon gar nicht bei steigender Lebenserwartung und den auf uns zurollenden Gesundheitsfaschismus, der uns angeblich unsterblich machen soll.
Bei der von Professor Philippe Wanner von der Universität Genf im Auftrag des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) verfaßten Studie handle es sich um eine Momentaufnahme der wirtschaftlichen Situation von Erwerbstätigen und Rentnern. Erfaßt wurden die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von rund 1,5 Millionen Personen im Alter zwischen 25 und 99 Jahren. Dazu wurden die Daten aus den kantonalen Steuerregistern des Jahres 2003 der Kantone Aargau, Neuenburg, St. Gallen, Wallis und Zürich sowie Daten aus dem AHV-Register verwendet. Laut BSV ist die Studie in ihrem Ausmaß und in ihrer Präzision (!) die bedeutendste Analyse, die bisher über die wirtschaftliche Situation der Menschen in der Schweiz verfaßt wurde. BSV-Direktor Yves Rossier zog daraus den Schluß, daß die strukturelle Altersarmut ausgemerzt (!) worden sei, was als Erfolg des Schweizer Sozialstaates gewertet werden dürfe. Umgekehrt seien bestimmte Gruppen vorübergehend oder dauerhaft von neuen Formen der Armut bedroht. Laut Rossier brauche es Korrekturen nicht nur bei der AHV, sondern auch in der Fiskal- und Familienpolitik, um Gerechtigkeit und Solidarität zwischen den Generationen zu bewahren beziehungsweise wiederherzustellen. Das BSV erwägt nun aufgrund dieser Aussage einen Solidaritätsbeitrag von Leuten im Ruhestand an die AHV. Dies beweist wieder einmal mehr, daß Verträge in der Schweiz einfach aufgekündigt werden können, nachdem man ein Leben lang den Obolus entrichtete. Eine Privatversicherung könnte sich dies nicht erlauben. Deshalb warne ich vor noch mehr Staatseinmischung – auch vor dem Nannystaat.
Philippe Wanner, Autor der Studie erklärt: «Das Armutsrisiko hat sich auf die jüngere Generation verschoben. «Die Jungen von heute sind gegenüber der Generation ihrer Eltern finanziell im Rückstand», Die Erwerbsarbeit schützt oft nicht mehr vor der Armut. Am meisten gefährdet sind alleinerziehende Frauen, Familien mit drei oder mehr Kindern und jüngere IV-Rentner.» Das ist absolut logisch. Welch wissenschaftliche Erkenntnis! Jeder junge Mensch steht seinen Eltern gegenüber finanziell im Rückstand, es sei denn, er hätte von ihnen geerbt, doch dafür müßten die Eltern erst sterben, was den Vergleich ad absurdum führen würde. Wenn die Erwerbsarbeit nicht mehr vor Armut schützt, dann muß die Wirtschaft in die Pflicht genommen und dem Ansinnen der «bürgerlichen Parteien», sich des Sozialstaates zu entledigen, endlich einen Riegel vorgeschoben werden. Natürlich werden diese Bemühungen seitens der Wirtschaft in einer «Arena» vor den Abstimmungen nicht offen kommuniziert, sondern im Gegenteil oft mit haarsträubenden, professoral-theoretischen Argumenten geschickt verschleiert. Eine solche Verschleierungstaktik gelang beispielsweise mehr schlecht als recht Felix Gutzwiller (man beachte seine Körpersprache) und dem Vertreter der Hirslanden-Gruppe in der Arena vom 2. Mai 2008 über die Verankerung eines Gesundheitsartikels in der Verfassung.
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Paradebeispiel einer Junk-Studie
Aber schauen wir uns die Studie nochmal genauer an. Wer in der Gruppe der 55 bis 75-Jährigen erwerbstätig ist, hat zwischen 55 bis 65 Jahren den größten Teil seines Altersvermögens, blockiert, gebunden und steuerbefreit in der Zweiten und Dritten Säule, während die 65+ von Gesetzes wegen über keine Zweite oder Dritte Säule mehr verfügen dürfen. Die Vermögen und Einkommen in der Zweiten und Dritten Säule müssen dem Steueramt nicht mitgeteilt werden; es muß lediglich der Beweis erbracht werden, daß man einen bestimmten Betrag einbezahlt hat. Dieses gesetzlich korrekt nicht deklarierte Vermögen und Einkommen ist also auf keinem Steueramt der Schweiz ersichtlich. Die Studie hingegen stützt sich nur auf die Steuererklärungen einiger Kantone und hat nebst dem Einkommen auch die Vermögen berücksichtigt. Logischerweise fanden die siebeng’scheiten Studienhengste heraus, daß bei Leuten im Ruhestand das Nettovermögen im Schnitt bei 230.000 und bei den Erwerbstätigen nur bei 100.000 Franken liegt. Philippe Wanner bestätigt auch, daß die Studienmacher sich nur auf die Steuerdaten dieser fünf Kantone, kombiniert mit Daten aus dem AHV-Register konzentrierten.
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Hütet euch vor der «Wissenschaft»
Diese reißerische Studie, wiederum ein Versuch, die Gesellschaft zu spalten, eine Studie, die gar eine Umverteilung (Adrian Michel und Silvano Möckli) zu Lasten der Rentenbezüger auslösen soll, ist nicht mal die Druckerschwärze wert, mit der sie gedruckt wurde, sondern eher ein hinterhältiger Versuch, auf Umwegen die 800 Millionen Franken Einsparungen der vom Volk verworfenen 11. AHV-Revision doch noch irgendwie hereinzuholen. Wozu sonst hätte das auftraggebende BSV ein Interesse an solchen Zahlen und Studien? Die Vermögensunterschiede zwischen der jüngeren und der älteren Bevölkerung stimmen so bei weitem nicht, wie uns weisgemacht werden soll. Rechnet man nämlich bei den unter 65-Jährigen die Durchschnittsguthaben aus den beiden Säulen hinzu, so stehen die 50 bis 64-Jährigen wirtschaftlich weitaus am besten da – also die Leute, die 1-15 Jahre vor der Pension stehen. Selbst die wirtschaftliche Schande der Altersguillotine ab 50+ verzerrt dieses Bild nicht, waren doch die heute pensionierten 65+ ihr zuvor genauso ausgesetzt.
Carolus Magnus
Senioren häufiger von Fürsorge abhängig
Studie: Über 20 Prozent aller Schweizer Haushalte haben ein Vermögen über einer Million. Zum NZZ-Artikel
Hallo Herr Carolus, wäre es möglich die Schriftgrösse in ihrem Blog wieder eine Spur kleiner zu schalten? Also auf meinem Bildschirm erschlägt mich der Text in dieser Grösse fast.
Ich schliesse mich der Bitte nach kleinerer Schrift an.
Da ich demnächst AHV-Bezüger werde, habe ich mich nach meiner zukünftigen Rente erkundigt. Ernüchternd: Sie geht gerade in Miete, Heizkosten und Krankenversicherung auf, obwohl ich seit meinem 24. Altersjahr ohne Unterbruch Beiträge einbezahlt habe. Nach dem ich im mittleren Alter durch die Wirtschaftskrise arbeitslos wurde und keine Stelle mehr fand, machte ich mich selbständig. Zwar reichte meine Einkommen, um zu überleben, aber weder die zweite noch die dritte Säule sind ausreichend, um mir auch noch ein Fahrzeug oder SBB-GA leisten zu können.
Ist es jetzt besser so? – Falls nicht, ich habe diverse Beiträge in diversen Schriftgrößen und wäre um ein Feedback mit Angabe des p=x dankbar.
Lieber mitchell
Hätten wir die Beiträge selbst anlegen dürfen, wir wären bereits Millionäre und mit 65 sogar mehrfache. Da das Umlageverfahren eine langfristige Anlage mit einer Durchschnittsrendite von 7-8 Prozent jährlich über 30 bis 40 Jahre verunmöglicht und gesetzliche Auflagen der AHV Fesseln anlegen, kommt diese auf höchstens 1-3 Prozent Rendite jährlich und hat zur Folge, daß es deswegen kontinuierlich zu Anlagefehlern kam und kommt. Deshalb erhalten wir nicht einmal den eingezahlten Nominalwert im Alter ausbezahlt.