Zentralverband der Teehauswirte forderte Aufhebung des Gesetzes
Massive Proteste in der Türkei
Rauchen nur noch auf der Straße, Sonnenschirm verboten!
Kurz vor dem Inkrafttreten eines landesweiten Rauchverbotes in der Türkei an diesem Sonntag haben Teehausbetreiber und die Tabakindustrie gegen das Gesetz protestiert. Im westtürkischen Izmir kamen Teehausbesitzer auf einem zentralen Platz zusammen, um demonstrativ Wasserpfeifen zu rauchen, wie die Zeitung «Milliyet» berichtet. Der Zentralverband der Teehauswirte forderte eine Aufhebung des Gesetzes. Vertreter der Zigarettenindustrie beklagten Unklarheiten in der neuen Regelung.
Ab Sonntag ist in der Türkei das Rauchen in Teehäusern, Cafés, Bars, Restaurants und Nachtclubs verboten; es drohen Geldstrafen von umgerechnet rund 30 Euro für Raucher und mehr als 2.500 Euro für Betreiber von Gastronomiebetrieben, wenn sie sich nicht an das Verbot halten. Erlaubt ist das Rauchen in Teegärten und Freiluftrestaurants, wenn es dort keinerlei Abdeckungen wie Zelte oder Sonnenschirme gibt. Kritiker sagen, das Gesetz lasse wichtige Fragen offen. In der Türkei mit ihren 70 Millionen Einwohnern gibt es mehr als 20 Millionen Raucher.
Das türkische Parlament hatte das Gesetz im Januar vergangenen Jahres beschlossen. Seit Mai 2008 ist das Rauchen in öffentlichen Gebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln verboten. Damals erhielten Gastronomiebetriebe eine Übergangsfrist, die jetzt abläuft.
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Turkey extends smoking bans to bars, cafes
Güle güle, Wasserpfeife!
Eine jahrhundertealte Tradition steht vor dem Aus: Für viele Türken ist die tägliche Wasserpfeife im Teehaus ein Stück Lebensqualität. Doch ab Sonntag herrscht strengstes Rauchverbot. Hunderttausende Cafébesitzer fürchten um ihre Existenz – und manche suchen originelle Auswege.
Istanbul – Zu Hause darf Alper Sey nicht rauchen. Seine Frau will das nicht. «Deshalb komme ich hierher. Jeden Tag. Seit über 30 Jahren», sagt der 56-jährige Fabrikarbeiter. Das Kaffeehaus im Istanbuler Stadtteil Kasimpasa ist für ihn ein zweites Wohnzimmer – und Marktplatz für Neuigkeiten. «Hier spielt sich das Leben ab. Hier diskutieren und streiten wir, hier erfährt man, was es Neues gibt. So ist das in der Türkei.» So war es jedenfalls seit vielen Generationen für Millionen Männer in der Türkei.
Am Sonntag, wenn das strenge Rauchverbot eingeführt wird, könnte sich das Leben dieser Männer radikal ändern. Alper Sey will nicht mehr herkommen, wenn er hier nicht mehr rauchen darf.
«Das ist so als würde man den Rauch im Hamam verbieten oder die Hintergrundmusik im Film», schimpft Mehmet Çolak, Besitzer des Kaffeehauses. «Das Rauchen gehört einfach dazu. Es ist beruhigend. Wie der Tee.» Und es ist Teil des Geschäfts.
Rauch- und Shisha-Verbot als Wirtschaftskiller
Wenn das, wovon er jahrelang seinen Lebensunterhalt bestritten hat, plötzlich illegal ist, muss er den Laden wohl dichtmachen. In dieser Lage sehen sich zur Zeit Hunderttausende (!) Besitzer von Wasserpfeifen-Cafés, Teestuben und Kaffeehäusern in der Türkei. «Absurd ist das», schimpft Ismail Özçelik. Er betreibt ein Café in einem der ältesten Wasserpfeifen-Gärten am Bosporus, das Çorlulu Ali Paa Medresi Kahvesi im Stadtviertel Sultanahmet. «Wer in ein Wasserpfeifen-Cafe kommt, will rauchen. Das ist doch ein freier Entschluss.»
Pro Tag verkauft er im Schnitt 80 bis 100 Wasserpfeifen, die auf Türkisch Nargile heißen, das Stück für umgerechnet rund fünf Euro. Einige Stammgäste haben ihre eigene Nargile in der Küche deponiert – schmuckvolle Gefäße aus Silber und Glas. Vom Tee allein könnte der Laden nicht überleben. Zumal fraglich ist, wer den überhaupt noch trinken würde. «95 Prozent (!) der Gäste werden zu Hause bleiben, wenn das Gesetz so umgesetzt wird», ist Ismail überzeugt.
Unter den vielen Stammgästen verbringen neben Anzugträgern und blonden Frauen in Trägershirts auch Frauen mit Kopftuch und Männer mit Gebetsketten ihren Feierabend. «Es ist eben ein entspannter Ort», sagt Ismail. «Es ist doch schön, wenn so unterschiedliche Menschen zusammenkommen!»
Medienzensur nicht nur in Europa. Bei den direkt Betroffenen ist die Wut dafür umso größer. «Die türkischen Medien schreiben nur darüber, wie gut das Verbot für die Gesundheit ist», schimpft Ismail. «Keiner redet davon, dass eine uralte Kultur zugrunde geht. Dass uns ein Stück Freiheit genommen wird. Dass Millionen Menschen möglicherweise ihre Existenz verlieren.»
EU-müde kulturbewusste Türken
Viele ohnehin EU-müde Türken halten auch diese Annäherung ihres Landes an die Europäische Union für eine schlechte Idee. Wie der 25-jährige Finanzmanager Furkan, der jeden Abend ins Çorlulu Ali Paa Medresi kommt, um zwei bis drei Wasserpfeifen zu rauchen, Freunde zu treffen und Tee zu trinken. «Ich will überhaupt nicht nach Europa, das passt nicht zusammen», sagt Furkan. «Die Nargile ist ein uralter Teil unserer Kultur aus der osmanischen Zeit. Ganz früher durften nur die Menschen in den Palästen Wasserpfeifen rauchen. Dann wurde es auch dem Volk gestattet. Wieso sollten wir uns das wieder nehmen lassen?»
Zum sehr lesenswerten SPIEGEL-Artikel
Militanter Anti-Raucher Recep Tayyip Erdogan
Für Safet Bosyer geht eine schöne Zeit zu Ende. Fast täglich besucht der Rentner sein angestammtes Teehaus im Istanbuler Kleineleuteviertel Kasimpasa, bekommt vom Kellner einen dampfenden Tee in einem tulpenförmigen Glas serviert, zündet sich eine Zigarette an, liest die Zeitung oder trifft sich mit Freunden. Die Luft im Raum ist rauchgeschwängert, auch an den anderen Tischen sitzen Männer, rauchen und spielen Karten, in der Ecke steht ein Billardtisch. Alles ist so, wie es sein soll, findet Bosyer. Doch an diesem Sonntag ist Schluss mit der Idylle: Dann tritt in der Türkei ein landesweites Rauchverbot in Kraft.
Für Bosyer und andere Stammgäste hier ist das eine Ungeheuerlichkeit. «Ich bin dagegen, dass sich der Staat hier einmischt», schimpft der 71-Jährige und fuchtelt drohend mit seinem Feuerzeug in der Luft herum. Gegen das schon seit dem vergangenen Jahr bestehende Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln sowie in Taxis habe er ja nichts. «Aber hier beschneidet man meine Freiheit.»
Von dieser Freiheit machen mehr als 20 Millionen der rund 70 Millionen Türken Gebrauch. Und wie. Rund 15 Millionen Päckchen Zigaretten konsumieren die Türken, selbst jeder zweite Arzt raucht.
Nicht zuletzt auf Initiative des Ministerpräsidenten und militanten Nichtrauchers Recep Tayyip Erdogan beschloss das Parlament im Januar vergangenen Jahres ein Nichtrauchergesetz. Zunächst wurden Zigaretten im öffentlichen Nahverkehr und in Einkaufszentren verboten. Gastronomiebetriebe und damit auch die Teehäuser erhielten damals eine 18-monatige Gnadenfrist – und die läuft an diesem Sonntag ab.
Quelle Tagesspiegel
Aber nicht nur in der Türkei, nein, auch in Frankreich zerstört das Rauchverbot die vielgerühmte Bistro- und Eßkultur und immer mehr Gaststätten melden Konkurs an.
Leben wie Gott in Frankreich?
Und spätestens seit in den kleinen Eckkneipen Deutschlands, genauer in Baden-Württemberg, in denen wohl geraucht werden darf, das Essen einer warmen Wurst aber verboten ist, weil das Gesetz vorschreibt, dass nur kalte Speisen gereicht werden dürfen, wissen wir, dass es hier um reine Schikane eines Drittels der Bevölkerung dieser Welt geht. Oder hat schon einer eine rauchend Wurst mit Passivtabakrauch serviert bekommen? Denn wenn Ärzte sagen, dass eine warme Mahlzeit am Tag der Gesundheit bekömmlich ist und es wird mit dem Gesundheitsargument verboten, dann sind die Gesetzesmacher entweder schizophren, zumindest schizoid, oder aber sie halten ihr eigenes Wahlvieh für dümmer als bisher angenommen. Doch solange die obrigkeitsgläubige, gezielt fälschlich verängstigte Masse, erst im 21. Jahrhundert, sich nicht wehrt und von den Gesundheitsämtern eine Art Geruchverwaltung verlangt, weil Tabakrauch angeblich stinken soll, muss sich jeder einzelne fragen, was Geruch mit Gesundheit zu tun hat.
Gegängelt und schikaniert!
Individualität vs. Kollektivismus
Wo einer allein die Richtung vorgibt, bleibt allen anderen nur der Gleichschritt. Wer ausschert, muß Konsequenzen fürchten. Damit nimmt man dem Menschen den Kern seiner Würde – seine Einzigartigkeit. Jede Diktatur hat bisher versucht, Menschen nach einem vorgegebenen Bild zu formen. Aber jeder Mensch ist verschieden. Die Diktatur erzwingt Konformismus, wo nur Selbstverwirklichung angemessen sein kann. (Dr. Werner Hoyer)
Wenn das in Deutschland doch auch so konsequent behandelt werden würde.
Was ist «das»? Und wie «behandelt»?
Zum Beispiel indem der Wirt dem gast sein kaltes Essen und einen Mikrowellenherd hinstellt 😉
Kommen dann nicht entweder die Blockwarte und Denunzianten oder gar die eigens dafür vorgesehene Speisewärmekontrolle und belegt den Wirt mit einer Busse?
wesshalb?
Der Wirt hat ja nur kaltes Essen serviert.
Die Mikrowelle hat der Gast zu bedienen.
Vielleicht bietet der Wirt auch einen Kochkurs für seine Gäste an.
Natürlich mit anschliessender Degustation.
Beiz=Kurslokal
Darf man in einem Kurslokal rauchen?
Versuch es doch einfach einmal – Von ZH bis an die nördliche Grenze sind es etwa 20 Minuten 😉