Spleen
Wenn tief und schwer der Himmel den Geist,
den ächzend von Verdrossenheit geplagten,
gleich einem Deckel drückt und ganz den Kreis
des Horizonts umfassend uns einen schwarzen
Tag herabgießt, trauriger als die Nächte;
Wenn die Erde in einen feuchten Kerker verwandelt ist,
wo die Hoffnung, gleich einer Fledermaus,
mit scheuem Flügel die Mauern entlangstreicht
und mit dem Kopf
an fauliges Gebälk stößt;
Wenn Regen in ungeheuren Streifen niederstürzt,
den Gitterstäben an einem riesigen Gefängnis gleichend,
und wenn ein stummes Volk verruchter Spinnen
in unseren Hirnen seine Netze auszuspannen naht;
Dann plötzlich tanzen Glocken wütend auf
Und schleudern gen Himmel ein gräßliches Geheul
Wie heimatlos verirrte Geister,
die eigensinnig ein Gewimmer anstimmen ohne Ende.
Und lange Leichenwagen, ohne Trommeln und Musik
Ziehen langsam in meiner Seele vorbei;
Die Hoffnung, die besiegte, weint,
und grause Angst pflanzt herrisch auf meinem gesenktem Schädel
ihre Schwarze Fahne auf.
Charles Baudelaire, Paris (1821-1867)
(Die Glocken sind heute die Antiraucher und Klima-Hysteriker)
One thought on “Spleen aus «Les Fleurs du Mal»”