Bananenrepubliken!
Wo ist die Demokratie in Europa?
Was wir hierzulande abschätzend als Bananenrepubliken bezeichnen sind in Tat und Wahrheit Staaten, die mehr demokratisches Verständnis und Bewusstsein aufbringen als sämtliche EU-Staaten zusammen. Ganz zu schweigen vom EU-Koloss, das gefährliche diktatorische Züge trägt.
Bolivien
Vorläufiger Termin für das Verfassungsreferendum in Bolivien ist der 4. Mai 2008. Sie räumt der indigenen Bevölkerung mehr Rechte und größere Autonomie ein. Die konservative Oppositions-Partei «Podemos» (wir können) wehrt sich erfolglos.
Venezuela
Im Dezember 1999 wurde die erste per Volksentscheid angenommene Verfassung Venezuelas etabliert. Die verfassungsgebende Versammlung wurde unter Einbezug von Bürgerversammlungen ausgearbeitet. Aufgrund dessen ist sie vielen Venezolanern bekannt und sie berufen sich oft auf ihre darin verbrieften Rechte bei Auseinandersetzungen mit der Verwaltung.
Uruguay
Die Verfassung von Uruguay hat die Verfassung Spaniens zum Vorbild, wurde am 27. November 1966 verabschiedet und trat im Februar 1967 in Kraft. Am 27. Juni 1973 setzte die Militärregierung die Verfassung außer Kraft, sie scheiterte jedoch mit der Durchsetzung einer neuen Verfassung per Referendum am 30. November 1980. Seitdem gab es zwei Verfassungsänderungen, die jeweils bei Plebiszit angenommen wurden, und zwar am 26. November 1989 und am 7. Januar 1997.
Wichtige Eckpunkte der Verfassung sind:
- Souveränität (Soberanía): Uruguay ist ein Einheitsstaat, der von keiner ausländischen Macht abhängt, pazifistisch ist und sich in die Organisationen von Lateinamerika (speziell wirtschaftlicher Natur, z.B. Mercosur) einbringt. Es herrscht Laizismus (Laicismo), also die strenge Trennung von Kirche und Staat.
- Rechte und Pflichten (Derechos y Deberes): Alle Bürger sind frei, haben die Pflicht zu wählen (ab 18 Jahren) und haben Recht auf Ehre, Freiheit, Sicherheit, Arbeit und Privateigentum (honor, libertad, seguridad, trabajo y propiedad). Alle Bürger sind vor dem Recht gleich. Es herrscht Presse-, Versammlungs- und Redefreiheit.
- Staatsbürgerschaft (Ciudadanía): Jeder, der auf dem Gebiet Uruguays geboren wird, bekommt die Staatsbürgerschaft Uruguays. Jede Familie, die seit mehr als drei Jahren unbescholten in Uruguay lebt und über ein Mindestkapital verfügt, kann die Staatsbürgerschaft beantragen. Personen, die sich durch besondere Ehren (méritos relevantes) oder Verdienste um die Nation (servicios notables) auszeichnen, können ebenfalls die uruguayische Staatsbürgerschaft beantragen. Personen, die nicht frei denken können, sich einer schweren Straftat schuldig gemacht haben, die zum Exil verurteilt sind, sich unehrenhafter und ungesetzlicher Tätigkeiten schuldig gemacht haben oder die Organisationen angehören, die gewaltsam die Grundlagen des Staates zerstören wollen, kann die Staatsbürgerschaft entzogen werden.
Keine Volksabstimmung zur EU-Verfassung
Der Entwurf der EU-Verfassung wurde euphorisch am 29. Oktober 2004 in Rom unterzeichnet. Er sollte noch vor dem 1. November 2006 von allen 25 Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Nachdem Frankreich am 29. Mai 2005 und die Niederlande am 1. Juni 2005 per Volksabstimmung das Vertragswerk ablehnte, wurde dieses obsolet, denn alle 25 Staaten hätten es ratifizieren müssen. Abgesehen davon, dass bei einer demokratisch zu entstehenden Verfassung zwingend alle Mitgliedsstaaten eine Volksabstimmung durchzuführen hätten, geht man in Europa den Weg der bürokratischen Diktatur. Man bedient sich dabei eines formalen Tricks bei der Namensgebung. Statt die neue Verfassung, den sogenannten Vertrag von Lissabon als neue Verfassung zu deklarieren, spricht man jetzt bloß noch von einer Verfassungsänderung was es ermöglicht, die EU-Verfassung nun allerorten außer in Irland von bürokratischen Politikern ratifizieren zu lassen unter Umgehung des Volkswillens, das die Politiker zu vertreten hätten.
Dazu die ein paar wenige Stimmen einiger Politiker, die sich maßgeblich letztes Jahr damit auseinandersetzten:
Am 13. November 2007 sagte der Französische Präsident Nicolas Sarkozy den Mitgliedern des Europaparlamentes in Strasbourg: «Frankreich, von allen anderen Staaten war fast zuvorderst um als erstes NEIN zu stimmen. Es würde nicht klappen wenn alle Mitgliedsstaaten ein Referendumsrecht hätten. Hier existiert eine Spaltung zwischen dem Volk und den Regierungen. Ein heutiges Referendum würde Europa in Gefahr bringen. Es wird keinen Vertrag geben, wenn wir in Frankreich ein Referendum über diesen Vertrag durchführten, welches wiederum von einem Referendum in Grossbritannien gefolgt würde.» Open Europe
Wozu eine Verfassung, wenn das Volk nicht dahinterstehen will? Ist eine Verfassung nicht das Fundament, welches das Volk vor dem Staat schützen soll? Eine Verfassung, die nicht mehrheitlich vom Volk getragen wird, ist keine. Es ist vielmehr eine einseitige Interessenvereinbarung zwischen den Mächtigen aus Wirtschaft und Bürokratur und dem Volk, vergleichbar mit einer Oligarchie wie etwa im Kleinstaat Singapore. Denn solange eine Verfassung den Interessen des Volkes widerspricht, ist es dem Staat schutzlos ausgeliefert.
Der Präsident der Konvention welche die EU-Verfassung entwarf, Valéry Giscard D’Estaing am 27.10.2007 in Le Monde: «Wenn wir den Inhalt betrachten, so sind die institutionellen Vorschläge des Verfassungsvertrages dieselben wie im Lissabon-Vertrag, bloß in einer anderen Reihenfolge und eingefügt in ältere Verträge. […] Das oberste Ziel war, die einzelnen Artikel aufzublähen und das Vokabular der Verfassung auszulassen um Volksabstimmungen zu verunmöglichen. […] Somit erzwingen sie die Rückkehr zu einer Sprache, die sie beherrschen und zu einer Prozedur, die sie favorisieren wodurch sich die Bürger weiter entfremden.»
Das Vertragswerk von Lissabon ist 18 Meter lang! (Anm. CM)
Bereits am 12. Juli 2007 wandte sich Valéry Giscard D’Estaing an den Verfassungsausschuss im Europa Parlament und sagte: «In Bezug auf den Inhalt bleiben die Vorschläge mehrheitlich unverändert, sie werden bloß anders präsentiert. […] Der einzige Grund weshalb der neue Text nicht zu stark wie der, der EU-Verfassungsvertrag aussehen darf (und die EU-Regierungen stimmten dieser Aussage zu!) ist, dass die kosmetischen Veränderungen am Vertrag es einfacher machen, diesen zu schlucken.» Europaparlament
Am 12. Juli 2007, anlässlich einer Zusammenkunft im Centre for European Reform in London sagte der italienische Innenminister Giuliano Amato, dass europäische Regierungsführer «entschieden haben, dass das Dokument nicht lesbar sein sollte. Denn falls es unlesbar sei, dann ist es keine Verfassung, das war die Art der Wahrnehmung.»
«Woher die diese Wahrnehmung herhaben ist für mich ein Mysterium. Um unsere Bürger glücklich zu machen, um ein Dokument zu produzieren, welches niemand versteht!»
«Aber, da ist einige Wahrheit [darin]. Weil, falls das die Art von Dokument ist, welches die IGC [intergovernmental conference] ausarbeiten will, dann kann jeder Premierminister – stellen Sie sich den britischen Premierminister vor – zum Unterhaus gehen und sagen «schaut, Sie sehen, es ist absolut unlesbar, es ist der typische Brüssel-Vertrag, nichts neues, kein Grund für eine Volksabstimmung.»
«Sollten sie es dennoch schaffen, es auf den ersten Blick zu verstehen, dann könnte einiges für eine Volksabstimmung sprechen, denn dann hieße das, dass da etwas Neues drinsteht.» EUobserver 16.12.2007 und Audio Clip: OpenEurope
Am 20. Februar 2007 erklärte der italienische Innenminister Giuliano Amato dass er wünsche «den Namen zu ändern, nicht aber die Substanz» der Verfassung. Laut Amato ist «das Gute daran, es nicht Verfassung zu nennen, weil niemand nach einer Volksabstimmung rufen kann» (Ansprache in der London School of Economics) OpenEurope 21.02.2007
Am 1. Februar 2007 teilte eine Quelle aus dem Umfeld von Gordon Brown der »Times« mit, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel «darauf beharrt, dass sämtliche Vertragsänderungen, die eine Volksabstimmung nötig machen würden «vom Tisch sein müssen» bevor Verhandlungen über kleinere Änderungen beginnen können» (OpenEurope)
Am 23. März 2007 führte Open Europe die erste unabhängige Umfrage durch welche belegt, dass 75 Prozent der Leute auf EU-Gebiet «ein Referendum über den neuen Vertrag wollen, welcher der EU mehr Macht verleiht» In allen 27 Staaten fand sich eine Mehrheit für die Volksabstimmung, an der Spitze Grossbritannien mit 83 Prozent.
Von einer Verfassung mit Rechten wie in Uruguay kann das EU-geplagte Volk in Europa nur träumen. Da fragt man sich, welches denn nun die tatsächlichen ‹Bananenrepubliken› sind.
«Je weniger die Leute davon wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie.» (Otto von Bismarck, 1815-1898)
Frühere Beiträge zum Thema:
Darf uns der Staat alles verbieten?
[Carolus Magnus]
One thought on “Geburt einer Diktatur (Teil 1)”