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Was läuft schief?
Angesichts dessen, was ich in bezug auf das Wissen um die Demokratie und dessen Verständnis in Politik und Wirtschaft allerorten wahrnehme, graut es mir gelegentlich vor der Zukunft. Wenn ich Plakataktionen vor Abstimmungen wie die der Lungenliga mit erschossenen Mafiosi aus der US-Prohibition oder die der SVP in bezug auf Asylanten- und Rassenhaß sehe, dann frage ich mich, was solche politische Gruppierungen unter Demokratie verstehen. Fanatismus und Demokratie ist wie Feuer und Wasser!
Wenn ganze Staaten sich der (Pseudo-)Wissenschaft bedienen, um politische Ziele, egal wie dumm diese auch sein mögen, durchzusetzen, dann frage ich mich, weshalb sich die Wissenschaft dazu hergibt, sich von fanatischen Gruppierungen zu instrumentalisieren, weshalb sie sich überhaupt der Politik zur Verfügung stellt und weshalb sie sich durch solches Tun selbst mehr und mehr als unglaubwürdig und dämlich erklärt, sich erniedrigt, sich ins Abseits stellt – und irreparablen Schaden an sich selbst und der Gesellschaft anrichtet.
Wenn die Wirtschaft den Schweizer Bundesrat in den Fängen hält und dieser keine Zeit mehr für das Wohl der übrigen 95 Prozent der Bürger hat, wenn sich das Volk um die IV, die AHV und die BVG-Rentensätze sorgen muß, dann nennt man dies gemeinhin Sozialdarwinismus (5. IV-Revision). Der Stärkere, d.h. der größere Geldsack kann Macht auf die Politik ausüben und überlebt nach dem Darwinschen Prinzip; und der Rest kann vor die Hunde gehen.
Wenn ich mich selbst als nicht mehr von der Politik ernst genommen fühlen kann weil Bürgerrechte stetig geschmälert, weil die Behördenpropaganda bald Goebbelsche Ausmaße annimmt, weil die Auslegung der Verfassung in Parteien, der Regierung und im Parlament, ja sogar gelegentlich vor Gericht stetig biegsamer wird, ich mich somit kontinuierlch weniger auf die Verfassung verlassen kann, da die staatliche Rechtssicherheit immer weniger gewährleistet ist, ich erinnere hier nur an den Vefassungsartikel der Verhältnismässigkeit und die Zwängerei, ein veritables Schisma um den Glauben an eine nicht existente Schädlichkeit von Passivtabakrauch auf die Gesundheit hervorrufend, zu installieren, dann kommt Unbehagen und Angst um die Schweiz und seine Direkte Demokratie auf. Wenn 600 Bundesangestellte nicht andres machen, als vor Abstimmungen den Wähler so zu bearbeiten, daß er am Abstimmungstag nicht mehr weiß, ob er nun Weibchen oder Männchen ist, dann sind das Stasi- und Sovjet-Methoden einer vergangenen Union, die sehr plötzlich wieder Realität werden könnte, denn eine Demokratie muß ständig gehegt und gepflegt werden. Wird sie als Selbstverständlichkeit wahrgenommen, wird es für sie und ihre Bürger gefährlich.
Wenn ich erkennen muß, daß kein einziger der 27 Staaten, außer Irland, über die EU-Verfassung abstimmen darf, dann packt mich das nackte Entsetzen.
Wenn Schweizer am 8. Februar 2009 neu nun über ganze Pakete, als wären wir in der EU, abstimmen müssen, dann ist das nichts andres als ein weiterer salamitaktischer Schritt in Richtung Diktatur und mir wird klar, daß sich die Behörden im Umgang mit der Bevölkerung bereits an arrogante EU-Verhaltensweisen angenähert haben. Denn nur in Diktaturen finden Erpressungen auf landesweiter Ebene öffentlich im Fernsehen (Arena) statt.
Deshalb sei hier ein kleiner Auffrischungskurs über Diktatur und Demokratie von Dr. Werner Hoyer, Mitglied des deutschen Bundestages, präsentiert:
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«Diktatur & Demokratie»
Ein Beitrag von Dr. Werner Hoyer, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und außenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion.
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Was man an der Demokratie hat, merkt man am deutlichsten, wenn man in einer Diktatur lebt. Das klingt etwas trivial. Aber angesichts der in jüngster Zeit einsetzenden Verklärung der ehemaligen DDR bei vielen Deutschen, kann es nicht schaden, sich daran zu erinnern. Es waren verblendete Westdeutsche, die in der DDR das «bessere Deutschland» erblickten. Wer dagegen tatsächlich mit Stasi, Stacheldraht und Schießbefehl leben mußte, konnte an der Überlegenheit rechtstaatlich-demokratischer Systeme kaum zweifeln. Doch worin besteht diese Überlegenheit?
Fortschritt vs. Stagnation
Die Diktatur kennt keine langen Entscheidungswege. Keine Opposition blockiert die Vorhaben des Diktators. Trotzdem sind Diktaturen nicht dynamischer. Fortschritt und Innovation können nicht befohlen werden, auch wenn Diktatoren das oft versuchen. Sie sind vielmehr das Resultat von Auseinandersetzung um die besten Konzepte, von Streit und Wettbewerb. All dies ist der Diktatur fremd. Sie erzwingt Einigkeit, wo Widerspruch unverzichtbar ist.
Individualität vs. Kollektivismus
Wo einer allein die Richtung vorgibt, bleibt allen anderen nur der Gleichschritt. Wer ausschert, muss Konsequenzen fürchten. Damit nimmt man dem Menschen den Kern seiner Würde – seine Einzigartigkeit. Jede Diktatur hat bisher versucht, Menschen nach einem vorgegebenen Bild zu formen. Aber jeder Mensch ist verschieden. Die Diktatur erzwingt Konformismus, wo nur Selbstverwirklichung angemessen sein kann.
Machtteilung vs. Machtmißbrauch
Macht macht korrupt. Absolute Macht korrumpiert absolut. In der Demokratie wird Macht geteilt, um dieser Einsicht Rechnung zu tragen. Regierungspolitiker, Opposition und unabhängige Gerichte schauen sich gegenseitig auf die Finger. Der Diktator dagegen braucht sich vor niemandem zu rechtfertigen. Die Diktatur schafft Machtkonzentration, wo Kontrolle notwendig wäre.
Teilhabe vs. Gefolgschaft
Menschen identifizieren sich mit Projekten, an denen sie teilhaben. Wem ein Stück des Hauses gehört, der baut gern daran mit. Die Demokratie läßt jedem die Möglichkeit, zur Gestaltung des Gemeinwesens beizutragen. Die Diktatur macht ihn zum Hilfsarbeiter auf einer fremden Baustelle. Sie erzwingt Passivität, wo Teilhabe motivierend wäre.
Insgesamt kann man sagen, daß die Demokratie überlegen ist, weil sie der menschlichen Natur besser gerecht wird. Ihr besonderes Verdienst ist, daß sie sich sogar selbst beschränkt. Denn auch eine grenzenlose Diktatur der Mehrheit ist gefährlich. Deswegen haben demokratische Parlamente Grundrechte geschaffen, die auch die Mehrheit dem Einzelnen nicht nehmen kann. Die Balance von individuellem Recht und Mehrheitsentscheidung ist die Grundlage von Freiheit, Wohlstand und Sicherheit. Dieses System hat jedoch einen Schwachpunkt: Die Voraussetzungen, die es erhalten, kann es nicht selbst erzwingen. Der demokratische Rechtsstaat muß die Menschen für sich gewinnen.
Demokratie kann man nicht erbomben
Daraus können wir zweierlei lernen. Zum einen müssen wir dem Glauben abschwören, wir könnten Demokratie erbomben. Solange wir nicht die Herzen der Menschen gewinnen, wird ihre Demokratie ein leerer Formalismus bleiben und keine Wurzeln schlagen können. Wir sehen das derzeit im Nahen Osten, etwa am Beispiel der – demokratisch legitimierten – Hamas. Wo der Glaube an die Demokratie fehlt, werden die Demagogen dieser Welt sie mit ihren eigenen Waffen schlagen. Deshalb ist unsere beste Marketingstrategie nicht martialisches Säbelrasseln, sondern das prinzipienfeste Vorleben demokratisch-rechtsstaatlicher Werte. Das gilt gerade angesichts von Herausforderungen, wie wir sie momentan durch den globalen Terrorismus erleben.
Zweitens dürfen wir auch unsere eigene Demokratie nicht sich selbst überlassen. Einer der wertvollsten Beiträge zu ihrem Erhalt besteht darin, daß wir uns hin und wieder erinnern, warum andere uns um diese Regierungsform beneiden.
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Mit freundlicher und ausdrücklicher Genehmigung von:
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