Sittenwächter bei Filmen und Spielen
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Ich bin 43 und ich spiele sogenannte Killerspiele.
Außerdem bin ich ein Freak, weil ich gerne – gute – Horrorfilme sehe und ich mag wirklich gerne Filme mit ausgefeilten Tricktechniken. Somit bin ich auch ein potentieller Amokläufer. Zumindest für deutsche Politiker. Seit frühen Computerjahren habe ich diese negative Neigung bei mir schon bemerkt. Dennoch, es geht nichts über einen guten Shooter.
Meine Lieblingsgames sind «Half Life», «Half Life 2» und «Left4Dead» und ich kann es kaum abwarten, bis der zweite Teil auf den Markt kommt. Und: Ich werde ihn ungeschnitten und unzensiert spielen.
Sind Spiele schuld dran, dass Menschen Amok laufen? Liebe Herren und Damen von Film-, Video- und Spielefirmen, der FSK, der USK, usw … Ich halte es für Betrug einen Film oder ein Spiel zu veröffentlichen, wo wissentlich Teile geschnitten wurden, obwohl darauf groß und breit ein «ab 18» Logo gedruckt ist oder ein Kleber «Keine Jugendfreigabe» dranhängt.
Wo leben wir eigentlich? Es kann doch nicht sein, dass man sich einen Film kauft, der nicht für Jugendliche bestimmt ist und der trotzdem geschnitten wurde. Wie kommt man als Käufer überhaupt dazu, solch zensierte Filme oder Spiele zu kaufen, wenn diese unvollständig sind? Stellen Sie sich mal vor, dies würde auch mit Ihrem Fiat Punto oder Mercedes gemacht…
Die Entmündigung und Volksverdummung sind schon sehr weit fortgeschritten und ich frage mich, wo und wann sie endlich Halt machen werden? Wie weit will man den Erwachsenen denn noch entmündigen? Man darf wohl annehmen, dass mündige, militärtaugliche Menschen im Wahlalter, die für den Staat Piraten vor Somalia jagen gehen oder sich in Afghanistan in die Luft blasen lassen dürfen und die Hälfte ihres hart erarbeiteten Lohnes an den Staat abdrücken auch fähig sind, selbst zu beurteilen, was sie sehen wollen und was nicht.
Ich hasse es, dass ein paar wenige heuchlerische Leute bestimmen: «Also nein, so geht das nicht! Diese Szene ist nun wirklich nichts für unsere Bürger, die schneiden wir mal raus» Es ist schon erstaunlich: Immer wieder sollen Spiele schuld an Amokläufen sein, aber noch keiner wäre wirklich auf die Idee gekommen, Waffen zu verbieten. Sind es nicht eigentlich die Waffen in den Händen einiger Verrückter, mit denen Menschen getötet werden? Ich jedenfalls sehe mich nicht als potentieller Amokläufer, nur weil ich mal eine Runde «Counter Strike» spiele. Bisher träumte ich nicht mal davon. Vielleicht liegt es an der Lust an den Killerspielen, in denen ich meine Phantasien ausleben kann.
Erst wenn ich bemerke, dass ich wieder mal beschissen wurde, weil der Film oder das Spiel, das ich mir gekauft habe, geschnitten und entschärft wurde, geht mein Aggressionspegel samt Blutdruck in die Höhe. Niemand lässt sich gerne bescheissen. Auch nicht, wenn er ausserhalb von Deutschland lebt.
In Österreich wurde die wirtschaftlich negative und bürgerbevormundende Politik bereits als Marktlücke entdeckt. Diverse Versandhäuser bieten Software und Movies ungeschnitten an und verdienen an der Zensur. Interessanterweise ist Amoklaufen in Österreich höchst selten. Es gab mal ein paar fehlgeleitete Irre, aber es wurde nie so eine Welle der Gewalt erreicht, wie es in Deutschland der Fall war. Auch die Schweiz, die bei Filmen und Games kaum Zensur kennt – zumindest noch nicht, denn es wird auch dort bereits darüber diskutiert – ist von Amokläufen eher verschont.
Klar: Diese Länder sind kleiner, mag einer einwerfen. Aber: Sind die Leute dort auch normaler?
Wie kommen also die Deutschen dazu mit ihrer Zensur- und Schnittpolitik auch andere Länder damit zu beglücken? Es gab mal eine Seite, da wurde drauf hingewiesen, doch sie fiel dem Zensurwahn zum Opfer. Deutschland reagierte drauf indem sie eine dieser Plattformen zensursulagemäss blockiert hat. Die Seite http://www.schnittberichte.de/ wurde aus Jugendschutzgründen (!) aus dem Netz genommen.
Der Betreiber der Seite hat drauf reagiert, indem er www.schnittberichte.com gründete. Dort kann man sich als Filmfreak Infos holen wie welcher Film geschnitten bzw. verändert wurde. Zwischenzeitlich wurde die Seite auch auf Spiele, Serien, usw. erweitert. Offensichtlich darf man, wenn man über Zensur schreibt, keine .de Domain verwenden, was schon sehr viel über den Fortschritt der elektronischen Überwachung aller Bürger in Deutschland aussagt.
Ein zensurgeschädigter Staat ist aber auch immer inkonsequent, denn da stets nur einige wenige Gleichgesinnte zensieren, etabliert sich sozusagen eine Art Gruppe von «déformation professionelle». Nimmt man zum Beispiel den Film «Das Parfüm» des Autors Patrick Süsskind, so darf man doch staunen, dass dieser «ab 12» freigegeben ist.
Ein langsamer Erstickungstod mit etwas Nekrophilie ist ja sicher das Richtige für Kids ab 12. – Klar. Ist es doch ein Film des Produzenten Bernd Eichinger und somit fast ein deutscher Film, da ist man dann eben nicht so kleinlich. Demnach sind also – bei gutem Willen – die strengen Sittenregeln doch dehnbar.
Bei gewissen Filmen ist man halt nur eine Spur genauer als bei anderen. Da ist es doch verständlich, dass «Der Fluch der Karibik» geschnitten wird, denn der ist doch sicherlich wesentlich brutaler und beängstigender, nicht?
Staatlich aufgezwungene Vertragsbrüche
Die Liste der geschnittenen Filme – oft sind es auch nur Dialoge – würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Im Prinzip ist mir die Sache ja fast egal, ginge es nicht um Bevormundung und Zensur und auf die Momente, wo ich mir etwas kaufe und feststellen muss, dass da jemand mit der Schere dran war. Deshalb frage ich mich, warum solche Filme überhaupt ungekennzeichnet in den Handel kommen dürfen, ohne ein entsprechendes Logo. Warum ist nicht vermerkt: «Gekürzt um 5 Minuten?» Offensichtlich weil es dann keiner kaufen würde. Ich fühle mich jedoch um diese 5 Minuten betrogen. Das sind meist Szenen wo Horden von Tricktechnikern monatelang dran gearbeitet haben um eine Szene zu gestalten und ein paar oberlehrerhaft verklemmte Personen aus Deutschland brauchen ein paar Sekunden, um genau das zu entfernen.
Ganz besonders pervers ist es bei Spielen. Ein Game, das ich in letzter Zeit immer öfter auch gerne online gespielt habe, ist – wie bereits erwähnt -Left 4 Dead. Man muss sich im Team (4 Menschen) von einem Level zum andren durchkämpfen und tunlichst drauf achten, dass keiner der Teamkollegen zu Schaden kommt. Das geht nur wenn man sich gegenseitig beschützt, sich hilft und sogar gegenseitig verarztet. Man kämpft gegen Horden von Zombies und versucht aus dem Inferno zu entkommen. Man hat also nur Erfolg, wenn man sich um Mitspieler kümmert und einem deren «Schicksal» nicht egal ist.
Dumm nur, dass die unzensierte deutsche Version, nicht die selbe ist wie die unzensierte österreichische Version. Da rücken ganze Nationen in Europa zusammen, und doch klaffen die Länder immer weiter auseinander.
Wie kann man ein Spiel als «USK keine Jugendfreigabe» verkaufen und trotzdem verstümmeln? Egal wie man zu solchen Spielen steht, aber meiner Toleranz sind da Grenzen gesetzt. Ich sehe nicht ein, dass ich als mündiger, normaler Erwachsener nicht entscheiden darf, was ich sehen will und was nicht. Ich sehen auch nicht ein, dass ich betrogen werde, weil ein «Ab 18» Aufkleber auf der DVD für mich eigentlich symbolisiert, dass das Teil nicht geschnitten wurde. Dem ist aber leider nicht so.
Was ich noch begreifen kann ist, dass Jugendschutz greifen sollte, bloss weshalb ist dann der Zugriff auf Seite wie nothingtoxic.com und rotten.com nicht unterbunden. etwa weil sie nicht in Deutschland sind? Als Webmaster muss man also nur drauf achten, dass man keine .de Endung hat und dann hat man Narrenfreiheit. Was ist es, das den Erfolg der oben angeführten Seiten bewirkt?
rotten.com zeigt Fotos von Leichen und nothingtoxic ist noch eine Spur härter, da kann man gleich seitenweise Videos anschauen, wie Leute bei Unfällen oder Attentaten usw. sterben. Da wird mit der Perversion des Menschen Geld gemacht.
Der Unterschied zu Hollywoodfilmchen und Games ist allerdings ein gewaltiger: Die Filme und Fotos auf den angeführten Seiten sind echt. In einer Diskussion um Amokläufer habe ich jedoch noch nie vernommen: «Der hat eine dieser Seiten besucht, diese Seiten sind schuld.»
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Verbotenes hat seinen Reiz
Es erweckt sich in mir der Eindruck, dass der deutsche Zensurwahn nicht begriffen hat: Verbotenes hat seinen Reiz. Nicht umsonst wurden Songs wie Bobby Brown zum Megahit. Nur weil sie verboten waren. Man mag zur Musik stehen, wie man will, aber so ein Ohrwurm ist das Lied sicher nicht, dass es zum Megahit wurde und noch Jahre danach als Hit gilt. Es war nur der ordinäre Text und der Umstand, dass es fast überall mit Radioverbot belegt wurde.
Verbote reizen die Menschen. Und je mehr Verbote, desto mehr Reiz. Mal ehrlich, wer hat schon mal nicht etwas Verbotenes gemacht. Und je mehr die Diskussion um Verbote für Killerspiele die deutschen Gemüter aufheizt umso mehr werden Jugendliche sich die Sachen mal anschauen. Man will ja schliesslich wissen, was einem selbst nicht zugemutet wird. «Counter Strike», das von allen immer als Vergleich heranzogen wird, ist ein durchschnittlicher Shooter der eine riesige Fangemeinde hat. Das traurige daran ist, dass unqualifizierte, sendungsbewusste Politiker immer wieder dieses «Counter Strike» als Ziehvater aller Amokläufer heranziehen, offensichtlich weil sie nicht die Spur einer Ahnung haben. Geschweige denn, dass sie das Spiel mal selbst ausprobiert haben.
Es gibt da Games, die dem Namen «Killerspiel» alle Ehre machen. Würde man diese Namen nennen, würde ich das ja noch ansatzweise verstehen. «Manhunt», zum Beispiel, ist eines dieser Games. Das nachfolgende Video stammt aus dem Nachfolger «Manhunt II», was bedeutet, das dieses Spiel offensichtlich so erfolgreich war, dass es einen zweiten Teil gab.
Wenn man also schon ein Spiel als «Killerspiel» bezeichnen dürfte, dann wohl eher dieses hier; und nicht « Counter Strike». Vielleicht sollte man das den Politikern mal mitteilen und diese aufklären, damit sie auch mal was mit Wahrheitsgehalt kommunizieren können.
Deutschland reagierte hier erst gar nicht mit Schnitten. Das Spiel wurde gleich beschlagnahmt, noch bevor es in den Handel kam. Und ich frage mich: Wie viele Gamer hat diese Beschlagnahme wohl davon abgehalten sich das Spiel zu besorgen? Das World Wide Web, liebe Freunde, ermöglicht es, diverse Spiele per amazon.com mit einigen Mausklicks ungeschnitten direkt nach Hause geliefert zu bekommen. Das Game habe ich übrigens nicht gespielt. Es war mir zu trivial. Bei Shootern geht es ja darum, durch geschicktes Handeln zu überleben. Einfach „nur“ Leute zu killen ist mir eine Spur zu dumpf. Aber Geschmäcker sind halt verschieden. Trotzdem würde ich es als angebracht empfinden, Zensur als solche kennzeichnen zu müssen. Damit man mitbekommt, in wie vielen Bereichen des Lebens uns irgendwelche Sittenwächter bereits dazwischen funken.
Zum Abschluss noch eine kleine Anmerkung, wie sich solche Zensur auswirkt:
Ich habe mit einem guten Freund mal über einen meiner Lieblingsfilme gesprochen. «True Romance», hiess der Film. Aufgrund meiner Empfehlung hat er sich den Film dann besorgt. Nach einiger Zeit fragte ich ihn, wie er ihm denn gefallen hat und er meinte: Der Film war ihm zu konfus. Dauernd passiert was, wo man gar nicht mitkriegt, was mit einigen Akteuren geschehen ist, die plötzlich nicht mehr auftauchen. Er hat die FSK16 Version gekauft. Die ist ja nur um läppische 17 Minuten geschnitten. Es fällt also kaum auf…
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